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Vorwort der Publikation
von Prof. Wilhelm Hornbostel

Wolfgang Skoluda
50 Jahre Schmuck 50 Jahre auf der Messe
Kunst und Handwerk im
Museum für Kunst
und Gewerbe Hamburg

Wolfgang Skoludas Goldene Hochzeit
mit dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg.

Als Wolfgang Skoluda im November 1959 erstmals auf der „Weihnachtsmesse der Kunsthandwerker“ (so der damalige Titel) ausstellte, hat er gewiß nicht geahnt, daß er ein halbes Jahrhundert später immer noch unter den Ausstellern, und zwar unter den prominentesten, sein wird, er, der als Autodidakt und eher durch einen Zufall die Schmuckszene betrat. Nur einmal hat er freiwillig auf die Messe-Teilnahme verzichtet, um jungen Schmuckkünstlern den Vortritt zu lassen. Heute ist die Messe „Kunst und Handwerk“ (so der aktuelle Name) ohne Wolfgang Skoluda kaum vorstellbar. Er hat sie mitgeprägt und ist gewissermaßen zum Doyen dieser ebenso altehrwürdigen wie immer jungen Einrichtung aufgestiegen. Von den 130 Jahren Messe-Geschichte hat er 50 bzw. 49 mitbestritten und -gestaltet. Fünf Direktorinnen und Direktoren haben seine Arbeiten bewundert und sich an seiner charaktervollen Persönlichkeit erfreut, was auch für ungezählte Besucher und Liebhaber seiner Kunst gilt, und nicht weniger als vier Präsidenten der Justus Brinckmann Gesellschaft, Ausrichterin der alljährlichen Veranstaltung, haben seinen künstlerischen Weg begleitet.

Wie auch immer die Messe seit den späten 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts genannt wurde – genau genommen hat sie in dieser Zeit ein halbes dutzendmal ihren Namen geändert bzw. modifiziert, um einen stärkeren verbalen Anschluß an die jeweilige Gegenwart zu gewinnen –, Wolfgang Skoluda war immer mit von der Partie. Mochten sich die Zeiten und Moden auch wandeln, unser aurifex blieb sich treu – bis hin zu einzelnen Präsentationsformen seiner Standgestaltung.

Diese Messe, die im Jahreskalender von Wolfgang Skoluda einen zentralen Fixpunkt darstellt, ist eine Zierde des Museums für Kunst und Gewerbe, die älteste ihrer Art in Deutschland. Deshalb sei jedem Interessenten die Lektüre der höchst informativen Publikation „Kunst und Handwerk. 125 Jahre Messe im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg“ (2004) aus der Feder von Rüdiger Joppien empfohlen, einem exzellenten Kenner der weltweiten Schmuckszene und erfolgreiche Organisator der Messe seit mehr als 20 Jahren. Zum Jahr 1959 bemerkt der Messe-Historiograph lapidar „Neuaussteller war der Schmuckkünstler Wolfgang Skoluda.“

50 Jahre später läßt sich entschieden mehr sagen, blicken wir auf ein umfangreiches Oeuvre voller Reiz und Ausdrucksstärke, voller Tradition und Erneuerung. Es ist nicht übertrieben zu sagen, daß von seinen Schmuckstücken ein hohes Maß an Faszination, ja an erzählerischer Kraft ausgeht, nicht zuletzt der reichlichen Verwendung antiker Steinschneidearbeiten geschuldet. Wolfgang Skoluda hat der Schmuckkunst einen sehr speziellen, unverwechselbaren Akzent gegeben.

Die aktuelle Schmuckkunst ist so vielfältig wie das Leben auf dieser Welt. Den Materialien und Ausdrucksformen scheinen keine Grenzen mehr gesetzt zu sein. Synthetische Werkstoffe, die die Edelsteine des klassischen Repertoires ersetzen, sind ebenso an der Tagesordnung wie zu einer Halskette aufgefädelte handelsübliche Radiergummis. Gold und Silber als alleinige Metalle haben in der Schmuckkunst seit längerer Zeit ausgedient, Edelstahl und Kunststoffe verschiedenster Konsistenz, sogar Papier und textile Materialien haben sich etabliert. Formale Üppigkeit steht filigraner Askese gegenüber, sogar die Mobile-Technik hat Einzug in die Schmuckkunst gehalten. Gemessen an diesen z. T. rasanten Entwicklungen wirken die ausgereiften, manchmal opulenten Arbeiten von Wolfgang Skoluda wie Felsen in der Brandung einer aufgewühlten kunsthandwerklichen Szene. Fast überflüssig zu sagen, daß sein Körperschmuck, seine Ketten und Kragen, Ohr- und Fingerringe, Hals- und Armreife und so manche andere Schmuckform (fast alle für die Damenwelt bestimmt) Eingang in zahlreiche öffentliche und private Sammlungen von Rang gefunden haben und dort zu besonderen Attraktionen geworden sind.

Wolfgang Skoluda, 1935 in Hamburg geboren, ist auf verschlungenen Pfaden zu seinem eigentlichen Metier gekommen. Schneiderlehre, Meisterschule für Mode, Studium der Illustration bei Wilhelm M. Busch, dann der Wechsel auf die Hochschule für Bildende Kunst, um bei Alfred Mahlau, Eduard Bargheer und Karl Kluth zu lernen – das sind die Stationen einer Berufsfindung, die dann ungeplant und für ihn selbst wohl überraschend am Ende zu etwas ganz anderem führte, zur Schmuckkunst, deren Techniken und formale Gestaltungsmöglichkeiten er sich selbst beibringen mußte. Wolfgang Skoluda hat sein „Erweckungserlebnis“ 1992 in seinem 1. autobiographischen Heft „A: wie Anfänge“ anschaulich geschildert. Man könnte auch sagen „A: wie Anna“, denn es ging um Anna, eine frühe Freundin, die mit einer selbstgemachten Kette beschenkt werden sollte – was aber nicht zu einer dauerhaften Bindung führte. Konsequent, wie er ist, dachte er sich eines Tages, wer A sagt, der muss auch B sagen, wobei Beate erst später in sein Leben trat und seine langjährige Muse und treue Gefährtin wurde.

Sein erster Auftritt im Museum für Kunst und Gewerbe war durchaus erfolgreich. „Man gab mir einen Stand auf der Weihnachtsmesse mit der Auflage im nächsten Jahr unbedingt besser zu werden.“ Und er wurde besser, immer besser, und so entstand im Laufe der Jahre ein breiter Strom von Schmuckarbeiten, die er penibel in Inventarbüchern, in Zeichnungen und Beschreibungen, festgehalten hat. Diese Libri veritatis, um an eine Bezeichnung von Claude Lorrain anzuknüpfen, sind äußerst hilfreich bei der Beurteilung seines OEuvres, besonders natürlich im Hinblick auf Datierungsfragen.

Preise und Auszeichnungen ließen nicht lange auf sich warten. Zahlreiche Einzelausstellungen im In- und Ausland, dazu Ausstellungsbeteiligungen vielerorten waren die natürliche Folge von Wolfgang Skoludas stetigem Aufstieg. Dabei geben sich viele seiner Freunde der Hoffnung hin, daß er die Messe im Museum für Kunst und Gewerbe mit ihrer inspirierenden Atmosphäre und kenntnisreichen Besucherschaft auch in Zukunft als einen besonderen Höhepunkt seines alljährlichen Veranstaltungskalenders empfindet. Nicht zu vergessen die Messefeste, bei denen immer wieder seine gesellige Ader, die sich bis zu dionysischer Ausgelassenheit steigern kann, zum Vorschein kommt.

Was ist das Charakteristische an den Schmuckarbeiten von Wolfgang Skoluda? Gewiß darf an erster Stelle der einfallsreiche, spolienartige Einsatz antiker Gemmen und Kameen genannt werden, die seinen Schmuck gleichsam nobilitieren. Diese Symbiose von Antike und Gegenwart führt geradezu zu einer „Magie der Schönheit“, zu Kunsthandwerk in besonders reizvoller Form. Gold und Glyptik sind zwei Schlüsselbegriffe, die sein Werk seit langem prägen. Wolfgang Skoluda hat seinen „Stil“ vor Jahrzehnten gefunden und ist ihm treu geblieben, was natürlich nicht ausschließt, daß er vielfach experimentiert hat. Mit seinen eigenen Worten: „Fast zwei Drittel meines Lebens – jetzt das fünfzigste Jahr – mache ich Schmuck, hab vieles ausprobiert: Glasscherben von der Elbe, Blätter, Federn aus dem Wald und aus Papua – New Guinea, Seidenbänder von Rud Witt, große und kleine Gedichte in Gold gefaßt, in das Metall geschrieben. Es wurde zur Lebenslust hinzuhorchen, was die Funde zu sagen haben und ihnen ein neues Umfeld zu bereiten”.

Unser Freund ist ein homo ludens und auf dem Gebiet des Spielerischen, im eleganten Ineinandergreifen verschiedener Goldglieder äußerst ambitioniert. Er liebt eine dezente Üppigkeit, und seine Kundinnen wissen seine „phantasievolle Verknüpfung von geschlungenen Goldgliedern mit Steinen aus dem Alten Ägypten, Afghanistan, Persien oder Rom, die immer Bezug auf die uralten, mit einer anderen Zeit verbundenen Geschichte nehmen“, sehr zu schätzen. Zu einem seiner Colliers des Jahres 1989 wurde zutreffend gesagt: „ Es ist eine Kette von kostbarer Schwere, die aus kleinen skulpturalen, auf raffinierte Weise miteinander verschlungenen Gliedern besteht. Sie geben ihr die in Einzelformen aufgelöste Geschmeidigkeit und gleichzeitig eine harmonische Geschlossenheit.“

So kraftvoll und elegant die Arbeiten von Wolfgang Skoluda sind, so bescheiden und unaufdringlich spricht er mit sanfter, zugleich aber auch wacher Stimme über sein Tun. Er steckt voll ruhiger Beharrlichkeit, gepaart mit einem feinen Humor, der gerne mit Worten spielt. Sich mit ihm zu unterhalten, ist ein hohes Vergnügen, und wenn dies noch in seinem und Beates Eppendorfer Atelierhaus-Idyll geschieht, dann fühlt sich jeder Besucher in eine andere Welt versetzt, in die Welt eines kreativen Einzelgängers. Seine Freiheit ist ihm wichtig. Wolfgang Skoluda ist unkonventionell in vielen Dingen des Lebens. Er steht der Farbigkeit des Lebens gelassen und mit erwartungsfroher Neugier gegenüber. Dabei zeichnen ihn Feinnervigkeit und Konstanz ebenso aus wie Liberalität, Großzügigkeit und Anhänglichkeit.

Als er im Frühjahr 1960 sein Bahrenfelder Atelier aufgeben mußte, stand er auch an einem künstlerischen Scheideweg: Maler und Zeichner oder Schmuckkünstler? Gottfried Sello schrieb seinerzeit im Hamburger Abendblatt: „Wohin sein Weg führt, weiß er selber noch nicht.“ Er hat seinen Weg schnell gefunden, der ihn seit einem halben Jahrhundert zu nationaler Anerkennung geführt hat. Dabei legt er, glaube ich, Wert darauf, nicht als Schmuck-Designer sondern als Schmuck-Künstler gesehen zu werden, der von der ersten Entwurfsskizze bis zur letzten Politur alle seine Einzelstücke mit eigenen Händen ausführt. Wolfgang Skoludas Arbeiten sind begehrt; er selbst ist längst zu einem Schmuckstück, einem Juwel geworden, das seine Zunft, seine Heimatstadt Hamburg und besonders das Museum für Kunst und Gewerbe ziert.

Seit langem wissen wir, daß die Hinwendung zum Schmuck noch etwas anderes bewirkt hat, wozu es sonst vermutlich nicht gekommen wäre: Wolfgang Skoluda wurde zu einem außergewöhnlich guten Kenner und Sammler antiker Glyptik, eine Leidenschaft, die er u. a. mit Friedrich dem Großen und Goethe teilt. Auch auf diesem Feld ist er Autodidakt, niemals hat er eine gemmologische akademische Ausbildung erfahren. Seine beachtliche Sammlung geschnittener Steine aus verschiedenen Regionen und Zeiten des Altertums, von denen immer wieder einzelne in seinen Schmuckkreationen „verarbeitet“ werden, genießt unter Fachleuten hohe Anerkennung. Einen nicht geringen Teil seiner Zeit widmet er seinen „Lieblingen,“ die er gerne zur Hand nimmt. Seine umfangreiche Collektion magischer Gemmen war 2001 im Rahmen der Ausstellung „Bunte Steine – dunkle Bilder“ in der Antiken-Abteilung des Museums für Kunst und Gewerbe zu sehen. Möge unser Freund weitere „Jagderfolge“ haben, und möge er weiterhin erfolg- und einfallsreich seinem Kunsthandwerk nachgehen. Und zum Schluß der Wunsch: Möge die köstliche Reihe der selbstverfaßten Hefte, 1992 mit dem schon erwähnten Titel „A: wie Anfänge“ gestartet und sich in loser Folge mit Themen aus seiner Arbeits- und Lebenswelt beschäftigend, noch lange fortgesetzt werden – über diese Publikation hinaus, die speziell dem Goldenen Messe-Jubiläum gewidmet ist. – Ans Werk, verehrter Freund!


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